kurzer Einschub an dieser Stelle: Ich habe es leider nicht geschafft, diesen Beitrag in der vergangenen Woche hochzuladen. Ich hatte ihn schon fertig geschrieben, allerdings fehlten noch die Bilder und da die Arbeit etwas die Überhand genommen hat, kommt er erst jetzt. Entschuldigt, ich habe bereits die Schokolade für diese Woche aus dem Essensplan verbannt. Erscheint mir als eine gerechte Strafe....
Kinder,
es gibt Tage im Leben, da ist man einfach etwas verrückt. Es gibt Tage, da ist
man völlig normal und es gibt solche Tage wie Donnerstag, wo man einfach mal
völlig am Rad dreht.
Während
ich aus Deutschland die ganze Zeit lustige Feierfotos bekommen habe, weil
Freitag ja Feiertag war, saß ich frohen Mutes im Büro und habe mich von meiner
Motivation treiben lassen. Diverse "Out of Budget" Reisen wurden
geplant, fast gebucht und dann vom Verstand über den Haufen geworfen, weil das Geld ja doch nicht reichte.
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Das Haupthaus der Ranch |
Die
Projektarbeit für die Uni wurde geöffnet, gelesen und nicht weiter
beachtet, irgendwie war also alles beim Alten… Und dann geschah es: Ich bekam
eine Mail aus Colorado, mal wieder. Seit ich mein Auslandsjahr dort verbracht
habe, habe ich dort einen „Brieffreund“, den ich dort kennengelernt habe. Er
und seine Familie betreiben eine Art Freilicht Museum (White Mountain Tradining Post, welches sich mit dem
Thema Indianer im San Luis Valley befasst. Zudem besitzen sie auch noch eine
große Range mit vielen Pferden, die vor allem während der Jagdsaison immer
wieder Anlaufstelle für Jäger aus aller Welt ist, die sich von dort aus aufmachen,
um jagen zu gehen.
So
viel zum Hintergrund der ganzen Geschichte, nun aber zum Wesentlichen. Normales
Prozedere: Mail öffnen, lesen antworten ABER dieses Mal war es anders. Elisha
war gerade vom Archery Hunting ( Auf Deutsch Jagt mit Pfeil und Bogen, aber das
hört sich doof an) zurück gekommen und hatte natürlich mal wieder nichts getroffen.
Er hatte ein paar Fotos gemacht von den Bergen, in denen sie jagen waren und auf
einmal überkam es mich: Ich muss nach Colorado, jetzt sofort. Die Berge, die
Menschen, alles fehlt mir so sehr und auch wenn mir Boise wirklich gut gefällt,
aber irgendwie ist mir das doch für Amerika zu groß. Ich bin das einfach nicht
gewohnt. Für mich darf das nächste Haus auch einfach mal 1 Meile entfernt sein,
das ist vollkommen in Ordnung, solange ich die Berge direkt in meiner Nähe habe
und das habe ich hier leider nicht.
Nun
gut, ich Dickschädel saß also nun um 10 Uhr am Donnerstag im Office, voll am Rotieren,
wie ich am besten und am schnellsten nach Colorado kommen könnte. Folgende
Optionen taten sich mir auf:
·
Beamen
o Auch
wenn wir uns im 21. Jahrhundert befindet, habe ich von dieser Möglichkeit
leider noch nichts gehört und konnte sie somit nicht wahrnehmen
·
Flug buchen bis Denver und einen Mietwagen
nehmen und dann bis in Valley zu fahren. Kostenpunkt: ca. $500 für Hin- und
Rückflug + ca. $120 für den Mietwagen ohne Sprit.
o Da
ich leider nicht zu den oberen 10.000 gehöre, war diese Option relativ schnell
abgehakt.
·
Auto mieten und 1300 km (ein Weg
wohlgemerkt!) nach Colorado runterdüsen. Kostenpunkt: Mietwagen ca. $120 plus
ca. $250 an Sprit ( hatte ich so kalkuliert)
o Beste
Option trotz der langen Strecke, Kompromisse muss man ja immer eingehen, nicht
wahr?
So,
ein Autocar sollte es nun also sein. In den USA als 21 Jährige ein Auto mieten
zu wollen ist erstmal ein Abenteuer, dank der sogenannten Young Drivers Fee.
Diese Gebühr wird für alle Fahrer unter 25 erhoben und soll für ein verantwortungsvolleres
Fahrverhalten mit Autos sorgen. Die Controverse die dabei zum frühzeitigen
Führerscheinerwerb mit durchschnittlich 16 Jahren besteht, sehen wohl einige
nicht so eng. So viel sei gesagt: Die Idioten auf der Straßen sind nicht die
jungen Leute, sondern vorallem die LKW Fahrer und die Leute um die 35, aber
dazu später mehr.
Ich
hatte mich nun also für ein Auto entschieden, zögerte allerdings noch etwas,
die Reservierung zu tätigen. Die Route an sich war wirklich nicht schwer zu
fahren, größtenteils Interstate und dann hinterher halt über den Pass ins
Valley, aber 14 Stunden Autofahrt sind doch etwas heftig. Elisha antworte auf
meine völlig euphorisch verfasste „Ich komme euch dieses Wochenende besuchen
und du kannst nichts dagegen machen“ Mail irgendwie nicht und so ein bisschen
mulmig war mir ja trotzdem immer noch.
Naja,
lange Rede kurzer Sinn: Punkt 18.30 saß ich einem kleinen schnuckeligen Fiat
500 Sport. Süßes Auto und für mich alleine genau richtig vor allem hatte der
kleine einfach mal überhaupt keinen Durst hatte. Meine Benzinrechnungen waren
also völlig aus der Luft gegriffen, was im Endeffekt bedeutete, dass ich mit
knapp 120 Euro so viel Sprit gekauft habe, dass ich 2600km gefahren bin.
Meeeeeeeeeega, kein Wunder, dass hier immer noch die ganzen riesen
Benzinschleudern rumfahren, wenn 1l Benzin umgerechnet ca. 1 Euro kostet.
Eigentlich hatte ich mir vorgenommen bis Grand Junction, Colorado zu fahren. Das
liegt, laut Google Maps, ungefähr auf der Hälfte, rein zeitlich gesehen. Leider
habe ich die Abkürzung zur I70 rüber nach Colorado verpasst und so bin ich
mitten in der Nacht in Fillmore, Utah eingekehrt um von dort aus am nächsten
Tag arbeiten zu können und im Anschluss die Reise fortzusetzen. Dieser Umweg
lohnte sich allerdings in zweierlei Hinsicht dann doch.
a)
Während des Frühstücks in meinem Hotel wurde
ich mal wieder Zeuge der amerikanischen Feinfühligkeit für Weltpolitik.
b)
Entlang der Interstate 70 gibt es ganz viele
Aussichtspunkte über verschiedene Canyons und wunderbare Naturschauspiele.
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Einige Bilder, die ich auf der I70
gemacht habe |
Insgesamt
war es also dann doch nicht so schlimm, dass ich 1 Stunde länger fahren musste.
Abends
um 22 Uhr bin ich dann endlich in Colorado angekommen. Habe ich nicht vorher
mal darüber geschrieben, wie bescheuert man sein muss, solange Strecken zu
fahren? Naja, ich zähle mich jetzt mal offiziell zu diesen Bekloppten.
Elishas
Familie kannte ich teilweise schon und daher wusste ich auch, dass Herzlichkeit
und Familie in diesem Haus ganz groß geschrieben wird. Das gesamte Wochenende
wurde ich mehr als eine Tochter behandelt, als ein Gast, was im Endeffekt auch
den Abschied natürlich super schwierig machte, aber da bin ich ja (zum Glück) noch nicht.
Wir
saßen noch lange am Abend zusammen, haben Cowboyfilme geguckt, über das Museum
und die Ranch geredet und über die Dinge, die in den letzten 4 Jahren im Valley
passiert sind.
Am
nächsten Tag sind wir erstmal durchs Museum gelaufen und Elisha hat mir alles
ganz genau erklärt. Eine ähnliche Tour hatte ich damals auch, allerdings mit je
2 Kinder an jedem Bein klebend, da ich mit der Grundschule hier war.
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Traditioneller Goldschmuck |
Nachmittags
ging es rüber zur Ranch, die zwei sehr interessante Fakten zu berichten hat.
Erstens ist sie aufgebaut wie eine alte Stadt im früheren Wilden West mit den
ganzen Gebäuden in den u.a. auch die Ferienwohnungen für die Jäger
untergebracht sind. Zweitens gibt es hier keinen Strom, was allerdings
überhaupt nicht auffällt. Gekocht wird über Gas, Lampen werden ebenfalls mit
Gas betrieben und wenn man Strom braucht, hat man einen großen Generator
draußen stehen. Obwohl ich ja eigentlich ein Stadtkind bin und Elisha mich
vorgewarnt hatte, dass es etwas anders wäre auf der Ranch, als anders wo, habe
ich mich direkt in die Räumlichkeiten verliebt. Es ist halt nicht häufig so,
dass man im Gefängnis einer alten Western Stadt übernachten kann.
Da
die Haupteinnahmen neben der Betreuung der Jäger und den Touren im Museum aus der
Hunde und Pferdezucht, sowie deren Training besteht, laufen überall ziemlich
viele von beiden Sorten rum. Gezüchtet werden vor allem deutsche Schäferhunde,
die von Elishas Schwester u.a. für das Militär trainiert werden.
Leider
hatte ich nie die Möglichkeit ein eigenes Haustier zu haben, weshalb ich es
immer sehr genieße welche um mich herum zu haben, auch wenn ich Pferde nicht
wirklich als Haustier zähle, aber gut, hier mache ich mal eine Ausnahme.
Wo
Pferde sind, sind natürlich Sattel und Trense nicht weit, also wurde
nachmittags noch aufgesattelt und ein bisschen um die Range geritten.
Westernreiten ist dabei durchaus angenehmer, als englisch aber bis ich das mal
umgestellt hatte, hatten wir die Pferde auch schon wieder abgesattelt. Manchmal
brauche ich halt mal meine Zeit, alte Frau ist schließlich kein D-Zug…
RV,
Elishas Vater, drückte mir dann irgendwann noch eine Pistole in die Hand und
sagte: „So, dann wollen wir doch mal sehen, wie gut du schießen kann.“ Tja wir
sind doch immer noch in Amerika, in dem Land in dem man mit großen Messern am
Gürtelbund im Walmart seine Wocheneinkäufe erledigt. Es ist halt doch etwas
anderes, als in Deutschland. Zum Glück
sah ich nicht ganz so schlecht aus beim Zielschießen und konnte meine
Luftgewehrkenntnisse aus dem letzten Cluburlaub anwenden. Es hat doch immer was
an für sich, wenn man dem Animateur dann und wann zuhört.
Abends
gab es dann Elchsteak, selbstgeschossen natürlich, aber das muss ich glaube ich
nicht extra erwähnen. Ich habe das schon einmal gegessen, als ich damals in
Colorado war, aber war alles andere als überzeugt davon, aber als guter Gast
probiert man natürlich alles und was soll ich sagen: Dank ausreichend
Knoblauch, Salz und Pfeffer schmeckte man kaum etwas anderes und das Steak war
wirklich gut.
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kurzes Highlight des Heimweges:
Das Denver Broncos Stadium |
Der
nächste Tag wurde zum Erkunden der Berge und zum Reiten genutzt. Da ich ja nur
für ein Wochenende bleiben konnte und trotz aller Überredungsversuche ( „Wir
brauchen eh immer Hilfe mit unseren Computern“) leider am Montag wieder
Richtung Boise aufbrechen musste, ging der Sonntag natürlich viel zu schnell
rum, aber das kennt, denke ich mal, jeder. So hieß es für mich am Montagmorgen Abschied
nehmen von Freunden, die für mich mehr wie eine zweite Familie sind und die es
einem wirklich mehr als schwer machen, sie nicht zu mögen. Obwohl, eine Sache
gibt es die ich zu kritisieren habe: RV hatte mir vorgeschlagen anstatt den Weg
zurückzufahren, den ich gekommen war, sollte ich doch lieber über Denver und
Cheyenne, Wyoming zurück fahren. Das wäre eine angenehmere Strecke, weil wegen
nur Interstate und insgesamt auch schneller. Tja was soll ich sagen: Hätte sich
die Landkarte mal lieber auf ihre Intuition verlassen und wäre durch Utah
zurück gefahren. In Wyoming hatte mein kleiner Fiat leider arge Probleme gegen Windböen
von über 80 km/h anzukämpfen, weshalb die Rückfahrt dann im Endeffekt mit
kurzem Schläfchen und Zwischenstopp in einer Outlet Mall ca. 16 Stunden
gedauert hat. Ziemlich hart, so etwas an einem Tag zu fahren, aber ich MUSSTE
ja unbedingt dieses Wochenende nach Colorado.
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Wenn ich mal überholt werde... |
Mein
Fazit: Ihr Lieben, ihr merkt es vielleicht schon daran, wie ausführlich
geschrieben habe: Ich würde mich jederzeit wieder ins Auto setzen und darunter
düsen. Es war eines der schönsten Wochenenden seit sehr langer Zeit, allein
schon deswegen weil ich es mit Leuten verbringen konnte, die ich schon eine Ewigkeit mehr gesehen habe.
Natürlich
hoffe ich, ihr hattet auch alle ein tolles Wochenende: Auf der Wiesn, auf den
Canstatter Wasen , zu Hause beim örtlichen Oktoberfest oder wo auch sonst.
Ich
werde mich jetzt wieder den wirklich spaßigen Sachen des Lebens zu wenden:
Servern, Druckerstraßen und so weiter.
Howdy Cowboys, you take care!
To be continued...